Solo für Licht

Solo für Licht 2009 — Cyankali

19.März bis 8.April 2009 in Leipzig

 

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Donnerstag 19.03.09 Uhrzeit 20.00 Uhr - naTo

Cyankali

Eintritt € 10,- / 8,-

Deutschland 1930
Regie
Hans Tintner
Drehbuch
Hans Tintner (nach dem gleichnamigen Theaterstück von Friedrich Wolf)
Kamera
Günther Krampf
Originalmusik
Willy Schmidt-Gentner
Darsteller
Claus Clausen, Nico Turoff, Grete Mosheim, Herma Ford
Bauten
Franz Schrödter
Produktion
Atlantis-Film GmbH, Berlin
Premiere
23.5.1930 (Berlin)
Farbe
Schwarzweiß
Zwischentitel
Deutsch
Laufzeit
86 min

Zur Zeit der Wirtschaftskrise wird die junge Hete von ihrem Freund Paul schwanger. Obwohl ohne Aussicht auf eine Wohnung, wollen beide das Kind behalten. Doch als die Arbeiter aus der Fabrik ausgesperrt werden und Paul seinen Job verliert, wissen sie nicht mehr, wie sie es ernähren sollen und Hete entscheidet sich für eine Abtreibung. Zuerst sucht sie Rat und Hilfe bei ihrem Arzt, doch dieser verweist sie auf das Gesetz, das ihm die Hände binde. In ihrer Not landet Hete schließlich bei einer Engelmacherin, die ihr zur Behandlung Zyankalitropfen mitgibt...

Hans Tintners Film CYANKALI steht ganz im Zeichen der geistigen Progressivität der Weimarer Republik und der Neuen Sachlichkeit. Ihm zugrunde liegt das gleichnamige Theaterstück von Friedrich Wolf, der damit den so genannten "Abtreibungsparagraphen" (§218) anprangerte und zur Diskussion stellte. (1)
CYANKALI, noch ein Stummfilm, aber bereits mit einigen Tonsequenzen ausgestattet, wurde mehrfach verboten. Erst nach gravierenden Schnitten, die einzelne Charaktere milderten und Handlungen entschärften, wurde er – mit Ausnahme Bayerns – freigegeben. Friedrich Wolf, der 1931 wegen Verstößen gegen den § 218 in Haft genommen wurde, fand den Film zu kitschig. Die zeitgenössische Kritik indessen war sich uneins. Vermisst wurde die „Schärfe und Schlagkraft des Dramas“ und bemängelt das Fehlen der „geistigen Zielsetzung“ – gelobt wurde die weniger revolutionäre, aber um so tiefere, quälende, nachhaltigere Wirkung. (2)
Tintner selbst sagte über seinen Film und seine Intention: „Während das Stück auf der Bühne mehr die privaten, familiären Verhältnisse einer Familie schildert, habe ich im Film die Möglichkeit gehabt, weit mehr auf die sozialen Ursachen einzugehen.“ (3) Das Fehlen der Sprache, das seinen Ausdruck auch in der expressiven Gestaltung der Zwischentitel findet, ist hier, an der Schwelle zum Tonfilm, offensichtlich. Die nachträgliche Ausstattung des Films mit der Musik Willy Schmidt-Gentners konnte dies nicht ausgleichen, sie wirkte sogar kontraproduktiv. Der Kritiker Herbert Ihering schrieb 1930: „Aber Kintopp von 1920 und eine mechanische Dudelmusik von Schmidt-Gentner, das ist zuviel. Diese Musikzusammenstellung (…) erweicht alles Anklägerische und spielt es ins Sentimentale hinüber. (…) Es geht etwas vor im deutschen Film. Man merkt, dass es mit alter Thematik nicht weitergeht. Man wagt etwas. Aber man macht es noch nicht richtig.“ (4)


(1) Erstmals 1929 auf die Bühne gekommen, wurde das Stück in den ersten zwei Monaten über hundert Mal aufgeführt und löste zugleich Massenproteste aus. Das Thema war virulent, der so genannte „Abtreibungsparagraph“ führte zu heftigen Diskussionen.
(2) Verleihkatalog, DIF, S.70
(3) ebd.
(4) ebd.


Eröffnungsfilm / musikalische Begleitung: Christian Meier
(Flügel)